Plagt uns nicht alle mal der Foto Frust oder fehlt uns die Freude am fotografieren? Mir ging es jedenfalls die letzten Monate so, aber diese Woche hatte ich einen Durchbruch.
Da ich die letzte Woche mit einem kaputten Fuß das Sofa hüten dürfte, habe ich nach einer halbwegs sinnvollen Tätigkeit gesucht um mir die Zeit zu vertreiben. Nachdem ich gefühlt alle Klima-Dokus gesehen hatte und mich die Trägheit der Menschen doch arg frustriert hatte, dachte ich mir, hey, du hast noch so viele Fotos auf der Platte, mach die doch mal zu etwas Kleingeld.
Also habe ich den Staub von meinem Grafiktablet gepustet und meinen Lightroom Katalog angeworfen. Aus diversen Gründen, reicht dieser leider nur bis in das Jahr 2015 zurück. Aber um ehrlich zu sein, hat da das Fotografieren auch erst so richtig bei mir angefangen.
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Wie kam ich eigentlich zur Fotografie?
Angefangen hat es tatsächlich mit meiner EX-Freundin, die krankhaft eifersüchtig war und dann auch schnell ausgerastet ist. Als eher harmoniebedürftiger Typ waren dann meistens die einzig ruhigen Stunden am Tag, wenn ich mit meiner Hündin Abby wandern war. Da Abby aber auch im Wald eher ihre Ruhe haben wollte, brauchte ich für mich eine Beschäftigung. Da lag Fotografieren am nächsten und binnen kürzester Zeit brachte ich mir alles bei was man so wissen musste und vor allem auch finden konnte.
Fotografie als Lebensretter
Was dann folgte war tatsächlich die bisher dunkelste Zeit in meinem Leben. Und nach einigen Jahren Abstand kann ich jetzt wirklich sagen, dass mich die Fotografie und auch ein Stück weit Instagram vor einer sehr tiefen und bösen Depression bewahrt haben. Ich mag mir wirklich nicht ausmalen, wo ich jetzt wäre oder welche tollen Menschen ich nicht getroffen hätte, wenn ich nicht mit der Fotografie weitergemacht hätte.
Früher war alles besser?
Aber zurück zum Thema. Als ich mich also so durch meinen Lightroom Katalog von unten nach oben durcharbeite habe ich einen regelrechten AHA- Effekt. Als ich in den Jahren 2015 und 2016 bin, finde ich viele tolle Fotos von kleinen Details, witzigen Stories und schlichtweg simplen Bildern die einfach funktionieren. 2017 und 2018 ändert sich das. Die Bilder wirken statischer, es ist viel weniger Abwechslung in den Motiven und die Kompositionen werden komplexer. Was ist da passiert?
Zu viel denken behindert die Kreativität
Nachdem ich jetzt ein paar Tage darüber nachgedacht habe, bin ich zu folgendem Schluss gekommen. Ich habe mich und meine Fotografie viel zu Ernst genommen. All das Gelernte und all die Theorie hat mich mehr behindert, weil ich plötzlich so viele Regeln im Kopf hatte die ich entweder einhalten oder brechen wollte. Ich bin zu einem regelrechten Foto-Snob geworden, der akribisch den Wetterbericht studiert um zu entscheiden ob ich vor die Tür gehe oder nicht. All das hat meine Bilder vielleicht technisch besser werden lassen, aber ich habe gemerkt, dass mir auf fast allen Reisen so viele Fotos einfach fehlen, weil die Bedingungen nicht “perfekt” waren. Ich war einfach zu arrogant den Auslöser zu drücken.
Was habe ich daraus gelernt?
Nun, tatsächlich hat mich diese Erkenntnis die letzten Tage etwas runter gezogen. Und wenn ich ehrlich bin war ich die letzten Monate nicht der glücklichste Fotograf auf der Welt. Was sich auch an der Frequenz meiner Beiträge widergespiegelt hat. Aber keine Angst, ich habe noch mehr als genug [Bilder]-Geschichten zu erzählen. Fakt ist, ich habe durch das Bearbeiten und sortieren meiner alten Bilder wirklich wieder Lust aufs Fotografieren bekommen. Schon die letzten Monate hat sich Dank lieber Menschen wie Kay Fochtmann , der wirklich ein hervorragender Fotograf [@kayfochtmann] ist oder dem Fototreffpunkt Leipzig gezeigt, dass ich sogar Spaß daran habe, Menschen zu porträtieren.
Tipps, was du noch gegen deinen Foto-Frust machen kannst?
Natürlich ist das beschrieben hier alles sehr subjektiv und dieser Post dient mir auch mehr als Eigen-Therapie bzw meine Motivation wieder aktiver zu fotografieren, aber ich denke ich habe hier ein paar weitere Tipps, die auch dir vlt helfen, die liebe zur Fotografie (wieder) zu entdecken:
1. Such dir Gleichgesinnte
In fast jeder Stadt und Region gibt es aktive Instagram Gruppen, die sich auch mal Offline treffen. Selber war ich lange eienr der Admins von @Koelnergram der Regio-Gruppe aus Köln. Ich war aber auch schon bei dem IG-Leipzig Walk oder einem Walk in Stralsund mit den @Nordlotsen dabei. Und wirklich alle haben sich gelohnt. Du lernst dort so viele nette und interessante Menschen kennen und wirst dich wundern, wie einige die Welt mit ganz anderen fotografischen Augen sehen.
Aber auch auf Facebook gibt es immer mehr Fotogruppen für alle Genres, Regionen und Ansprüche. Gerade bei dem Leipziger Fototreff kommen auch immer viele Hobby-Models, die sich freuen wenn man mit ihnen übt. Außerdem gibt es auch sehr viele gute Fotografen, die mit Rat und Tat zur Seite stehen.
2. Ignoriere Social-Media
Auch hier habe ich mich oft genug schuldig gemacht. Ganz oft habe ich Fotos gemacht, weil ich wusste, die gehen gut auf Instagram. Generell ist daran nicht unbedingt was falsch, man sollte sich nur bewusst machen, dass man in erster Linie selber mit seinem Bild zufrieden sein sollte. Einige meiner besten Fotos haben auf Instagram tatsächlich die wenigsten likes. Aber ganz ehrlich, who cares. Außerdem hemmt gerade Instagram dadurch auch viel die Kreativität. Die meisten Bilder sehen dort gleich aus, weil wirklich jeder jeden kopiert. Auch da, am Anfang kann es helfen, seinen eigenen Style zu finden, aber man sollte auch eigene Dinge ausprobieren. Vielleicht wird man dann ja sogar selber kopiert.
3. Konsumiere bewusster Bilder
In Zeiten des Internets werden wir alle mit Medien bombardiert. Unsere Augen gewöhnen sich an tausende Bilder. Wir stumpfen einfach ab und vergeben Herzen ohne wirklich das Bild anzusehen. Hier lohnt es sich einfach mal wieder in ein Kunstmuseum oder in eine Fotoausstellung zu gehen und ganz bewusst die Bilder zu analysieren. Was gefällt dir besonders an diesem Bild, warum bist du da stehen geblieben und was hat der Künstler oder der Fotograf bei der Aufnahme wohl gedacht. Als ich 2017 beim Umweltfotofestival horizonte Zingst aktiv mitgeholfen habe, hatte ich die Möglichkeit mit vielen tollen und renommierten Fotografen persönlich zu sprechen und ich muss sagen, dass hat meine Sicht auf Fotografie nachhaltig verändert. Ich kann es jedem nur empfehlen.
4. Fordere dich selber heraus
Persönlich bin ich ja nicht immer gerne unter vielen Menschen oder habe oft auch Probleme damit, Menschen Kommandos zu geben. Aber genau aus diesem Grund gehe ich zu Fototreffen und Instawalks und mache ab und zu Shootings mit Models, Bands oder sogar Events. Denn woher willst du wissen, ob etwas für dich ist, wenn du es nie gemacht hast? Deshalb fordere dich selber heraus. Bist du ein Langschläfer und eher Abends Streetfotograf? Versuch doch mal um 4 Uhr morgens aufzustehen und den Sonnenaufgang über einem nebelverhangenen See zu fotografieren. Du stehst auf Beton und Architektur? Versuch doch mal mit einem Tele-Objektiv eine Möwe im Flug beim nächsten Ostsee Urlaub kunstvoll abzulichten. Du wirst dich wundern wie viel Spaß andere Genres der Fotografie machen können.
…woher willst du wissen, ob etwas für dich ist, wenn du es nie gemacht hast?
5. Organsiere selber Treffen und Instawalks
Wenn du jetzt sagts, ach bei mir ist doch nie was los und hier bin ich der einzige der sich fürs fotografieren interessiert, kann ich dir nur raten:
MACH SELBER WAS LOS
Werde aktiv auf Instagram, gründe einen eigenen Regio-Account, feature Leute aus deiner Gegend und vernetze dich mit ihnen. Du wirst nicht glauben, wie viele wirklich darauf warten das jemand solche Veranstaltungen macht. Bei den Fototreffs in Leipzig kommen immer zwischen 20-50 Fotografen und Models und auch bei meinem letzten Instawalk in Köln waren wir über 80 Menschen. Glaub mir, es macht unheimlich viel Spaß und die Mühe lohnt sich.
Was mache ich aber mit den ganzen Fotos?
Natürlich kannst du alle Bilder schön wie ich auf der Festplatte versauern lassen und ab und zu mal eines auf Instagram posten. Oder du fängst an einen eigenen Blog zu schreiben. Auch das kann ich nur empfehlen. Und das schreibt hier jemand der richtig schlecht in der Schule in Deutsch war und das Schreiben mal richtig gehasst hat! Du kannst aber auch ein paar Euro damit verdienen und die Bilder bei Stock-Agenturen zum Verkauf anbieten.
Was sind eigentlich Stock-Agenturen?
Um es kurz zu halten, bei Stock Agenturen kann jeder Bilder für kommerzielle oder redaktionelle Zwecke kaufen und verkaufen. Angenommen du hast einen Reiseblog und willst einen Bericht über Sumatra schreiben. Da du aber noch in der Vorbereitung bist, hast du natürlich noch keine eigenen Bilder aus der Region. Dann kannst du dort je nach Lizenz Fotos von anderen Fotografen aus der Region erwerben.
Lohnt sich ein Verkauf bei Stockagenturen?
Kurze Antwort Jain. Ich selber biete ein paar Bilder auf Adobe Stock (ehemals fotolia) und auch auf eyeem.com an. Reich wird man damit aber nicht wirklich. Außer man zieht es ganz groß auf und geht auf Masse. Oder man bedient eine ganz bestimmte Nische. Aber das soll hier ja kein Tutorial für Stock werden. Ab und zu verkaufe ich dort auch Fotos mit großen Lizenzen. Da klingelt die Kasse schon etwas eher. Aber immerhin macht es wirklich Spaß extra für Stock zu fotografieren. Es wird halt nie wirklich langweilig, weil es immer ein Motiv gibt. Und genau aus diesem Grund, werde ich es jetzt auch etwas verstärkter probieren. Nicht um reich zu werden, sondern um wieder mehr Spaß am fotografieren zu haben.
Und genau aus diesem Grund juckt es mich jetzt wieder in den Fingern und ich möchte mich am liebsten mit meiner Festbrennweite bewaffnen und um die Häuser ziehen. Welche Ausrede hast du jetzt noch?
Letztes Update am 25/09/2020 durch Alex